Was regelt der EU-Data-Act und warum besteht für Unternehmen Handlungsbedarf?
Praxisrelevante Regelungs- und Gestaltungstipps zum neuen Data Act - Pflichten- und Risikomanagement
Der Data Act (DA) schafft europaweit verbindliche Regeln, wer wann Zugang zu Daten hat, wie sie geteilt werden müssen und welche Vertragspraxis unzulässig ist.
- Praktischer Regelungsinhalt und Inkrafttreten
Der DA trat am 11.01.2024 in Kraft; die Vorschriften gelten jedoch (weitestgehend) erst seit dem 12.09.2025. Der praktische Regelungsinhalt bezieht sich auf Daten aus vernetzten Produkten, IoT, B2B-, B2C-Sharing. Der DA bezweckt eine faire Wettbewerbsordnung für Cloud-/Datenmärkte.
Der Gesetzestext ist hier abrufbar: Verordnung (EU) 2023/2854 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2023 über harmonisierte Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung sowie zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie (EU) 2020/1828 (Datenverordnung)
- Anwendungsfälle
Der DA betrifft folgende Anwendungsfälle:
- Nutzerdaten aus vernetzten Produkten (IoT): Anwender von Smart-Geräten, wie beispielsweise Maschinen, Fahrzeuge, Smart-Home, erhalten Rechte, die Daten, die durch ihre Nutzung entstehen, selbst abzurufen und an Dritte weiterzugeben (z.B. Werkstatt, Dienstleister, 3rd-party analytics). Damit sollen neue Service- und Wettbewerbsoptionen generiert werden im Sinne der Digitalen Strategie Europas.
- B2B-Datenzugriff für Wartung und Predictive Maintenance: Hersteller bzw. Betreiber müssen Daten in besonderen Fallkonstellationen an Vertragspartner bereitstellen, etwa zur Fernwartung oder Systemoptimierung
- Öffentliche Stellen (B2G): Behörden können in speziellen Fällen Zugang zu Daten, bspw. für Notfälle, Katastrophenschutz, kritische Infrastruktur (KRITIS) verlangen, wobei zu beachten ist, dass Prozesse und Ausgleichsmechanismen statuiert werden.
- Daten-/Wettbewerbsrecht durch Vertragskontrolle und Verbot unfairer Klauseln: Großanbieter dürfen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nicht mehr vertraglich den Zugang zu Daten oder die Weitergabe unbillig erschweren. Vertragliche „Take-it-or-leave-it“-Klauseln sind verboten. In diesem Kontext sind auch Regelungen zu nennen, die mehr Cloud-Fairness bringen sollen, wie etwa rechtstechnische Aspekte für die Portierung.
- Intermediäre / Datentreuhänder und Standard-APIs: Für Datenvermittler (Intermediaries) bestehen Pflichten für standardisierte, maschinenlesbare Formate/APIs. Ziel ist es, Portabilität und Interoperabilität zu fördern.
- Pflichten und Risikomatrix für Unternehmen
Der DA bringt Pflichtenkataloge mit. Diese führen zur Empfehlung, eine DA-Risikomatrix vorzunehmen:
- Datenzugriffs-/Bereitstellungspflichten: Wer Daten „hält“, muss Anfragen prüfen und ggf. maschinenlesbar liefern (ggf. gegen angemessene Entschädigung).
- Dokumentations- und Transparenzpflichten: Abläufe, Sicherheitsmaßnahmen, Formatangaben, Vergütungsstrukturen müssen einer Dokumentation zugeführt werden.
- Vertragsmanagement: Rahmen-, Liefer-, Serviceverträge, AGB müssen auf die Verbote unfairer Klauseln und die neuen Zugangspflichten angepasst werden.
- Compliance und Sanktionsrisiko: Unternehmen berücksichtigen, dass es nationale Durchsetzungsmechanismen und Bußgelder gibt.
- Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Unternehmen wird dringend empfohlen, folgende Data Act-Agenda zu berücksichtigen:
- Rechtssichere Rollen-/Pflichtzuweisung: Der Data Act definiert Rollen (Data-holder, Data-recipient, User, Intermediary). Zur Vermeidung von Pflichten- und Haftungsfallen bedarf es einer GAP-Analyse.
- Vertrags- und IP-Risiken (Trade Secrets): Datenfreigabe kann Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse tangieren. Daher müssen rechtstechnische Lösungen entwickelt werden, wie etwa zur Daten-Minimierung, technische Safeguards etc.
- Technik und Prozesse: Daten müssen in strukturierten, standardisierten Formaten bereitstellbar sein. Unternehmen haben technische Anpassungen (APIs, Auth, Logging) sicherzustellen.
- Compliance und Dokumentations-/Rechenschaftspflichten: Dokumentation, zu Prozessen, Datenschutzfolgenabschätzungen und technischen Sicherheitsmaßnahmen sind wesentliche Pflichtprogramme. Denn Behördenprüfungen und zivilrechtliche Ansprüche machen belastbare Nachweise notwendig.
Ihre Ansprechpartner bei Jordan & Wagner für Beratung und Compliance-Checks:
Peter Wagner, Dr. Thomas A. Degen, Tilo Schindele, Mathias Lang LL.M., Marzia Carla Iosini, LL.M.