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BGH: Wesentliche Haftungsunterschiede zwischen Kauf- und Bauvertrag

von Peter Wagner

Bei Mängeln haben Käufer wie Bauherren Anspruch auf Ersatz des ihnen entstandenen Schadens. Diese Schadensabwicklung mit Verkäufern, Bauunternehmern und Architekten wollte der Gesetzgeber 2002 mit der Reform des Schuldrechts vereinheitlichen.

Fortentwicklung des Rechts:

Bei der Frage der Ersatzpflicht für sog. „fiktive“, also tatsächlich noch nicht aufgewandte Mängelbeseitigungskosten zeigt sich in der Rechtsanwendung des Bundesgerichtshofs jetzt, dass unterschiedliche Vertragsarten sich nicht bei allen Fragen „über einen Kamm scheren lassen“:

Käufer genießen eine größere Dispositionsfreiheit als Bauherren:

Anders als Bauherren können Käufer nach wie vor Schadensersatz grds. etwa auf Grundlage gutachtlich bezifferter Mängelbeseitigungskosten verlangen.
Dass die Mängel tatsächlich beseitigt werden, ist nicht erforderlich.

Wie kam es zu dieser neuen unterschiedlichen Behandlung?

Der u.a. für Bau- und Architektenverträge zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs änderte 2018 die ständige Rechtsprechung: Die Schadensbemessung anhand der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten sei nicht zulässig. Dem Bauherren sei u.a. bereits ausreichend gedient mit dem gesetzlich vorgesehenen Anspruch auf Kostenvorschuss (Urteil v. 22.02.2018, Az. VII ZR 46/17).
Der bei Abweichen von der sog. „Kontinuität der Rechtsprechung“ vorgesehenen, quasi ultimativen Abstimmung durch den sog. Großen Zivilsenat vorgeschaltet ist die Vorlage zwischen den Einzelsenaten.
Der .u.a. für Immobilienkaufverträge zuständige V. Zivilsenat wollte sich der neuen Rechtsprechungsänderung nicht anschließen. Auf seine Vorlage (Beschluss v. 13.03.2020, Az. V ZR 33/19) wies der VII. Zivilsenat zur Begründung seiner Rechtsprechungsänderung erläuternd auf die Spezifika des Werkvertragsrechts hin (Beschluss vom 08.10.2020, Az. VII ARZ 1/20) - und baute damit auch der Anrufung des Großen Zivilsenats vor.

Dieser Differenzierung nach unterschiedlichen vertragstypischen Risikolagen und Gewährleistungssystemen schloss sich der V. Zivilsenat jetzt an mit seinem Urteil vom 12.03.2021, Az. V ZR 33/19.

Verbleiben relevante Unsicherheiten für die Praxis?

Klare Antwort: Ja. Die neue Rechtsprechung führt zu einem Bruch mit der beabsichtigten Eindeutigkeit der Schuldrechtsreform: Für die Rechtsanwendung stehen wieder Abgrenzungsfragen im Raum. In der Wirtschaft betrifft dies z.B. Verträge über die Lieferung herzustellender bzw. zu erzeugender beweglicher Sachen, .sog. Werklieferungsverträge, seit 01.01.2018 neu geregelt in § 650 BGB; Umsetzung der Richtlinie 1999/44/EG v. 25.05.1999 (ABl. EG Nr. L 171 S. 12).

Welche Konsequenz zieht der Rechtsanwender?

Rechtsanwender sind hier gut beraten, sich mit den Details der Rechtsprechung auseinanderzusetzen: Zum einen bestimmt sich danach ihr Rechtsanspruch, was etwa bei Werklieferungsverträgen nicht immer einfach ist. Zum anderen ergeben sich hier wesentliche Aspekte, um für den Umgang mit einem Schaden eine effiziente Strategie zu entwickeln.

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